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Neues Gesetz gegen Abmahnmissbrauch im Urheberrecht in Kraft:

Posted on 31. Oktober 2013 by web740 in Urheberrecht No Comments
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Seit 09. Oktober 2013 ist das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ in Kraft. Ziel des Gesetzes war es unter anderem, negative Auswüchse im Bereich der Abmahnungen gegenüber Verbrauchern aufgrund vergleichsweise geringfügiger Urheberrechtsverletzungen einzudämmen.

Bisher waren solche Abmahnungen oft intransparent. Die geforderten Unterlassungserklärungen gingen teilweise weit über das hinaus, was tatsächlich von dem Betroffenen verlangt werden kann. Bei den geforderten Zahlungen wurde nicht in klar verständlicher Weise zwischen Anwaltskosten und Schadenersatz unterschieden, sondern es wurden stattdessen „Pauschalabgeltungsbeträge“ verlangt, deren Zusammensetzung sich nicht nachvollziehen ließ. Zudem waren die geforderten Anwaltskosten für massenhaft versendete Standardschreiben unbegreiflich hoch angesetzt.

Dem soll das neue Gesetz nun entgegen treten.

Zum einen ist nun konkret geregelt, welche Inhalte eine solche Abmahnung haben muss und welche Unterlassungserklärung konkret verlangt werden kann. Erfüllt die Abmahnung nicht diese Anforderungen oder ist die Unterlassungserklärung zu weit gefasst, ist damit die Abmahnung unwirksam. Dem Empfänger einer solchen unwirksamen Abmahnung stehen sogar im Gegenzug Erstattungsansprüche zu, wenn er zur Abwehr dieser unwirksamen Abmahnung einen eigenen Anwalt beauftragt.

Die Abmahnung muss außerdem klar aufschlüsseln, wie die geforderten Geldbeträge sich zusammen setzen und in welcher Höhe hierin Anwaltskosten und/oder andere Ansprüche enthalten sind.

Auch der bisherigen Abmahnpraxis, der zufolge für solche Abmahnungen hohe Streitwerte (beispielsweise pro Musiktitel EUR 10.000,00) zugrunde gelegt wurden, soll durch das neue Gesetz entgegen getreten werden. In der neuen Vorschrift ist geregelt, dass bei Abmahnungen, die sich gegen Verbraucher richten, die die Urheberrechtsverletzung nicht in Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit begehen und die nicht bereits vorher eine ähnliche Rechtsverletzung gegenüber diesem Rechteinhaber begangen haben, der Streitwert für solche Abmahnungen auf EUR 1.000,00 begrenzt sein muss. Dies bedeutet, dass an Anwaltskosten für eine solche Abmahnung nur noch maximal ca. EUR 150,00 verlangt werden können.

Gerade diese Neuregelung der Gebührenerstattungspflicht zeigt bereits erste Wirkung. Viele der einschlägig bekannten Abmahnkanzleien haben ihre Abmahnungen inzwischen bereits umgestellt und beachten diese neue Deckelung der Abmahnkosten. Allerdings können aufgrund der Abmahnung außer diesen Anwaltskosten noch weitere Forderungen geltend gemacht werden. Insbesondere Schadenersatz für den betroffenen Rechteinhaber (entgangene Lizenzeinnahmen) sowie eventuell Ermittlungskosten und weitere Aufwendungen. Im Ergebnis werden daher häufig weiterhin ähnlich hohe Beträge als Gesamtforderung vom betroffenen Anschlussinhaber verlangt. Diese sind nun allerdings anders aufgeschlüsselt und zusammen gesetzt. Dies führt auch bereits zu erster Kritik an dem neuen Gesetz. Teilweise wird angenommen, das Gesetz habe jetzt schon seine Wirkung verfehlt, da an der Höhe der Gesamtforderung sich im Ergebnis kaum etwas ändere. Ganz zu überzeugen vermag diese Kritik jedoch nicht. Denn sie lässt außer Acht, dass keineswegs der betroffene Anschlussinhaber immer die in der Abmahnung geforderten Beträge in voller Höhe tatsächlich erstatten muss. Insbesondere, falls der Anschlussinhaber selbst mit der ihm zur Last gelegten Urheberrechtsverletzung nichts zu tun hat und hierfür auch nicht aufgrund anderer Umstände (beispielsweise Verletzung seiner Aufsichtspflicht über minderjährige Kinder) direkt haftet, muss er in vielen Fällen ohnehin keinen Schadenersatz bezahlen. Die geänderte Aufschlüsselung der Beträge kommt ihm also zugute, da an ihm allenfalls noch die jetzt deutlich geringeren Abmahnkosten hängen bleiben. In vielen Fällen, auch das sollte nicht unbeachtet bleiben, haftet ein abgemahnter Anschlussinhaber ohnehin überhaupt nicht für die mit der Abmahnung geltend gemachten Forderungen, nämlich insbesondere dann, wenn ihm auch nicht zur Last gelegt werden kann, dass andere Personen, für die er nicht zur Aufsicht verpflichtet ist, die Urheberrechtsverletzung möglicherweise ohne sein Wissen über seinen Anschluss begangen haben.

Schließlich enthält das neue Gesetz noch eine wichtige Änderung bezüglich des Gerichtsstandes für Klagen aufgrund solcher Urheberrechtsverletzungen und Abmahnungen. Bislang bestand für diese Verfahren ein sogenannter „fliegender Gerichtsstand“. Dies bedeutete, dass die Abmahnkanzleien sich das Gericht, an dem sie solche Klagen einreichen wollten, aussuchen konnten. Denn die Rechtsverletzung im Internet wurde gewissermaßen im gesamten Bundesgebiet begangen, somit bestand überall ein Gerichtsstand. Bisher führte dies dazu, dass die Rechteinhaber sich gezielt Gerichte aussuchten, die bekanntermaßen hinsichtlich ihrer Rechtsprechung zugunsten der Rechteinhaber tendierten. Filesharing-Klageverfahren fanden daher vor allem an den Gerichten in Hamburg, Köln und München statt. Die Wahl eines vom Betroffenen weit entfernten Gerichtsstandes (beispielsweise ein Betroffener aus Stuttgart wird in Hamburg verklagt) wurde auch als taktisches Mittel eingesetzt, um den Betroffenen, der die Anreise zu Verhandlungen scheute, zum Abschluss eines schriftlichen Vergleiches zu drängen.

Hiermit ist jetzt Schluss. Für Klagen aufgrund solcher Urheberrechtsverletzungen, die nach dem 09. Oktober 2013 bei Gericht anhängig gemacht werden, gilt der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten. Dies bedeutet, die Betroffenen können nur noch direkt bei sich vor Ort verklagt werden. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass die Erhebung solcher Klagen für die Rechteinhaber und deren Abmahnkanzleien aufwendiger wird. Auch lassen sich die Erfolgsprognosen aufgrund der jetzt völlig verstreuten Gerichte kaum vorher sagen. Für die Betroffenen heißt dies, sie können sich ohne lange Reisen in Kauf zu nehmen, vor Ort gegen die ihrer Ansicht nach unberechtigten Forderungen zur Wehr setzen.

Die Regelungen zur Begrenzung der Abmahnkosten haben in direkter Weise keine Rückwirkung für „Altfälle“ (also Abmahnungen, die vor dem 09. Oktober 2013 ausgesprochen wurden). Allerdings ist auch hier bereits jetzt zu beobachten, dass teilweise die mit diesen Fällen befassten Gerichte die Intention des Gesetzgebers nach einer Begrenzung der Kostenbelastung durchaus ernst nehmen und unter Bezugnahme auf dieses neue Gesetz, obwohl es nicht direkt anwendbar ist, bereits jetzt Gebührenreduzierungen auch bei Altfällen vornehmen.

Insgesamt ist die neue Gesetzgebung sehr zu begrüßen und es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte bei der Anwendung dieser neuen Vorschrift nicht zögerlich reagieren.

(Stand: 31.10.2013)

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